Zum 1. Januar 2023 ändert sich das Vormundschaftsrecht. Für Amtsvormünder und ehrenamtliche Einzelvormünder ergeben sich dann deutliche Veränderungen hinsichtlich ihres Aufgabenbereiches.
Dazu hatten der Landesverband für Pflege- und Adoptiveltern im Land Sachsen-Anhalt und das Fachzentrum für Pflegekinderwesen Sachsen-Anhalt zu einem gemeinsamen Fachtag eingeladen, bei dem auf die Auswirkungen diese Veränderungen auf das Pflegekinderwesen und Pflegefamilien im Besonderen eingegangen werden sollte.
Die Veranstaltung fand im Schlanstedter Burgstall statt, gekommen waren etwa 60 Pflegeeltern, Vormünder, Fachkräfte und Interessierte. Zwei Referenten konnten gewonnen werden: Volker Henneicke ist Leiter der Abteilung Vormundschaften im Jugendamt Magdeburg und Mitglied im „Bundesforum Vormundschaften und Pflegschaften“ sowie Henrike Hopp, Fachfrau im Pflegekinderwesen mit jahrzehntelanger Erfahrung als ehrenamtlicher Einzelvormund, Krisenhelferin und Verfahrensbeistand.
Der Fachtag war in zwei Teile gegliedert: Herr Henneicke hat die rechtlichen Änderungen im Rahmen der Vormundschaftsrechts-Reform und deren rechtliche Wirkung auf die Vormundschafts-Praxis der Pflegekinderhilfe vorgestellt, während Frau Hopp über die die derzeitige vormundschaftliche Ist-Situation der Pflegekinder und Pflegeeltern die notwendigen konkreten Änderungen durch das neue Vormundschaftsrecht dargelegt hat. Anhand ihrer Erfahrungen hatte sie viele Beispiele parat, die ihren Vortrag lebendig und kurzweilig machten. Deutlich wurde, dass das neue Gesetz den Focus ganz klar auf das Kind legt. Das entspricht auch der aktuellen Forderung einiger Parteien und Institutionen, die Kinderrechte laut UNO-Charta in das Grundgesetz aufzunehmen.
Volker Henneicke ging auf die Themen Sorgerecht, Vormundschaft und Pflegschaft ein, und sprach über die verschiedenen Wirkungskreise der elterlichen Sorge, die Ausbildung/Arbeit, Kita/Schule, Umgang, Gesundheit, Anträge auf Sozialleistungen, Aufenthalt und Vermögenssorge betreffen. Unterschieden wird zwischen Grundsatzangelegenheiten und Alltagssorge. Wurde den Eltern das Sorgerecht entzogen, übernimmt dies ein Vormund.
Einzelne Sorgeangelegenheiten können auf die Pflegeeltern übertragen werden, soweit diese dem Wohl des Kindes dienen, die Gesamtverantwortung aber liegt weiterhin beim Vormund. Das neue Gesetz stärkt ganz klar die Rolle der ehrenamtlichen Einzelvormünder, die durchaus die Pflegeeltern selbst sein können – wenn sie nicht die ganze Palette der Verantwortung übernehmen wollen oder können, wird ihnen ein sogenannter Ergänzungspfleger zur Seite gestellt. Allen, die sich mit den Neuerungen noch genauer auseinandersetzen wollen, legt Henneicke die Broschüre „Große Vormundschaftsreform“ des Bundesforums Vormundschaft ans Herz. Übrigens löst das neue Vormundschaftsgesetz ein Gesetz aus dem Jahr 1900 ab.
Für Henrike Hopp ist das neue Gesetz ein großer Schritt in die richtige Richtung, weil Kindeswille und Kindeswohl beachtet werden, alle Beteiligten zur Zusammenarbeit aufgefordert werden und miteinander reden sollen. Sie ermuntert die Pflegeeltern, mutiger zu sein, Dinge anzustoßen und die Vormünder zu fordern. Sie hätten das Recht auf Klarheit und Akzeptanz. „Pflegeeltern sollten kundtun, was sie und das Kind benötigen.“ Sie vergleicht die Stellung von Pflegeeltern, die auch die Vormundschaft für ihr Pflegekind übernommen haben, als eine Person mit zwei Hüten. „Sie müssen das trennen und mal als Pflegeeltern, und mal als Vormund denken.“ Für die Zukunft wünsche sie sich Vorbereitungsseminare für Leute, die mit dem Gedanken spielen, ehrenamtliche Vormünder zu werden.
Ein zum Ende des Fachtages ausgefüllter Fragebogen bescheinigt dem Fachtag eine gute Bewertung. Lob gab es auch für die Organisation der Veranstaltung, die in den Händen des Landesverbandes und des Fachzentrums lag. Es wurde verabredet, dass Fragen der Pflegeeltern zum Thema Vormundschaften durch den Landesverband gebündelt und an den Arbeitskreis Vormundschaften im Land Sachsen-Anhalt weitergereicht werden sollen.